Schlafstörungen sind häufig – und werden unterschätzt

Nicht einschlafen oder durchschlafen zu können – das kennt jeder. Doch unter welchen Voraussetzungen spricht man wirklich von einer Schlafstörung? Was sind Symptome und was können die Auswirkungen von Schlaflosigkeit sein?

Schlecht geschlafen? Diese Frage hat wohl jeder von uns schon mehrfach mit „Ja“ beantwortet. Durchaus auch an mehreren Tagen hintereinander. In besonderen Lebenssituationen, beispielsweise, wenn wir eine wichtige Entscheidung treffen müssen oder wir uns Sorgen machen, ist es ganz normal, dass uns das vorübergehend „den Schlaf raubt“.

Sind unruhige oder extrem kurze Nächte, nach denen man sich „wie gerädert“ fühlt, allerdings die Regel, kann eine Schlafstörung vorliegen. In diesem Artikel wird auch beschrieben, warum es ratsam ist, eine mögliche Schlafstörung medizinisch abklären zu lassen.

Was sind Schlafstörungen?

Schlafstörungen können kurzzeitig oder über einen langen Zeitraum hinweg auftreten. Dabei kann der Nachtschlaf zu kurz, zu lang oder zu häufig unterbrochen sein. In jedem Fall ist er nicht erholsam und der Alltag beeinträchtigt.

Um medizinisch von einer Schlafstörung sprechen zu können, sind diese Kriterien maßgeblich:1

  • Es liegen Einschlaf- oder Durchschlafprobleme vor und damit verbunden sind Beeinträchtigungen während des Tages, d. h. die Betroffenen haben Schwierigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen.
  • Die Schlafprobleme treten mindestens dreimal pro Woche auf und bestehen seit drei Monaten oder länger.
  • Betroffene empfinden ihren Schlaf selbst als nicht erholsam.
  • Die Schlafprobleme führen zu Einschränkungen am darauffolgenden Tag und Betroffene haben Schwierigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen.

Die wohl bekannteste Schlafstörung ist, wenn man lange nicht einschlafen kann (30 Minuten und länger) oder nachts häufig aufwacht und dann lange wach liegt. Dies wird medizinisch als „Insomnie“ bezeichnet (von lateinisch: in = nicht, somnus = Schlaf). Auch frühes Erwachen am Morgen, Aufwachen in der Nacht mit Angst oder Atemnot, Albträume und Schlafwandeln sind Symptome, die zu Schlafstörungen zählen können, wenn sie oben genannte Kriterien erfüllen.

Schnarchen ist an sich keine Erkrankung, kann aber eine Vorstufe davon sein.2 Wenn ein Schnarcher tagsüber müde ist, und dies über oben genannte Zeiträume auftritt, sollte er sich zur Abklärung an einen Facharzt wenden.

Welche Formen von Schlafstörungen gibt es?

Die internationale Klassifikation von Schlafstörungen (ICSD) unterteilt folgende Gruppen:3

  • Ein- und Durchschlafstörungen, Schlaflosigkeit (Insomnien)
  • Schlafbezogene Atmungsstörungen (z. B. Schlafapnoe, einige Formen von Schnarchen)
  • Erhöhte Tagesschläfrigkeit (Hypersomnien)
  • Störungen im zeitlichen Ablauf des Schlaf-Wach-Rhythmus (zirkadiane Rhythmusstörungen)
  • Verhaltensauffälligkeiten im Schlaf (Parasomnien)
  • Schlafbezogene Bewegungsstörungen (z. B. Restless-Legs-Syndrom)

Wie viele Menschen haben eine Schlafstörung?

Schlafstörungen haben das Ausmaß einer Volkskrankheit angenommen.4 Die Schlaflosigkeit ist dabei die häufigste Schlafstörung.1

Mit der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland wurde festgestellt, dass bei ca. 30 % der Befragten mindestens dreimal pro Woche Symptome einer Schlaflosigkeit auftraten. Bei ca. 22 % lag zudem eine schlechte Schlafqualität vor. 5,7 % der Teilnehmenden hatten daraufhin medizinisch relevante Beeinträchtigungen im Alltag wie z. B. Müdigkeit oder Erschöpfung. Durchschlafstörungen sind mit 23 % häufiger als Einschlafstörungen mit 11 %.5 Schlafstörende Atmungsstörungen wie die obstruktive Schlafapnoe finden sich je nach Ausprägungsgrad bei ca. 17 % der Bevölkerung.9

Gibt es Menschen, die Schlafstörungen eher entwickeln als andere?

In Deutschland sind Frauen doppelt so häufig von nicht erholsamem Schlaf betroffen wie Männer. Bei Menschen mit niedrigem Sozialstatus besteht offenbar ein höheres Risiko für Schlaflosigkeit.5

Ganz interessant: Im Vergleich mit anderen Ländern wie Spanien, Japan oder Taiwan sind die Durchschlafstörungen in Deutschland häufiger.5 Die Wissenschaftler vermuten unter anderem einen Zusammenhang mit Faktoren wie Schlafhygiene, Alkoholkonsum, Bettzeiten und Nikotin- und Kaffeekonsum, die in den Kulturen unterschiedlich gelebt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man seine Schlafqualität selbst positiv beeinflussen kann.

Welche Ursachen können zu Schlafproblemen führen?

Die Ursachen für nicht erholsamen Schlaf können unterschiedlich sein und häufig liegen davon mehrere gleichzeitig vor. Wenn man im Prüfungsstress ist oder einen Jetlag hat, zu viel Alkohol getrunken hat, die Straßenlaterne hell ins Zimmer scheint und noch Zahnschmerzen hinzukommen, kann man sich vorstellen, dass man nicht gut schläft.

Schlafstörungen, die aufgrund von Auslösern dieser Art auftreten, gehen meist von selbst vorüber, wenn sich die jeweilige Situation löst – aber nicht immer.

Belastende Lebensereignisse wie Trennung, Tod oder Pflege eines Angehörigen, aber auch erfreuliche Lebensereignisse wie die Geburt eines Kindes können den Schlaf anhaltend stören. Weniger offensichtliche, aber häufige Ursachen für Schlafstörungen sind sogenannte „schlafbezogene Atmungsstörungen“ wie z. B. obstruktives Schnarchen oder nächtliche Atemaussetzer (Schlafapnoe).

Auch die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf den Schlaf der Deutschen: Bei einer Umfrage von ResMed zum weltweiten Schlafverhalten zeigte sich, dass über die Hälfte der Befragten (viel) länger schläft (52 %). Gleichzeitig klagt ein Drittel der Deutschen über zum Teil erheblich schlechteren Schlaf (31 %).6

Als Gründe dafür werden vor allem genannt:

  • Stress durch die Auswirkungen der COVID-19-Einschränkungen (35 %)
  • Gedanken zu arbeitsbezogenen Themen (25 %)
  • Familiäre Sorgen (29 %)
  • Finanzielle Themen (21 %)
  • Generelle Ängste (20 %)

Die Dunkelziffer von Betroffenen mit nächtlichen Atemaussetzern ist hoch. Schlafapnoe kann zu gefährlichem Sekundenschlaf und Erkrankungen führen. Teste Dich, ob Du zur Risikogruppe gehörst.

Begünstigende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren für Schlaflosigkeit

Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) teilt Ursachen für Schlaflosigkeit in drei Kategorien ein: begünstigende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren.

  • Begünstigende Faktoren sind z. B. bestimmte genetische Einflüsse oder Persönlichkeitsmerkmale. Man vermutet beispielsweise eine höhere Wahrscheinlichkeit für Schlaflosigkeit bei Personen mit geringem Selbstwertgefühl oder ausgeprägtem Perfektionismus.7 Auch Lebensumstände wie z. B. Arbeitslosigkeit können möglicherweise Insomnie begünstigen.
  • Auslöser für Schlafstörungen können z. B. psychosozialer Stress, seelische Erkrankungen wie Depressionen oder organische Ursachen wie Schmerzen oder hormonelle Störungen sein.
  • Aufrechterhaltende Faktoren: Ein Beispiel dazu: Man schläft schlecht und ist tagsüber müde. Um den mangelnden Schlaf zu kompensieren, macht man einen zusätzlichen Mittagsschlaf oder geht viel früher ins Bett. Dieses Verhalten kann eine Schlaflosigkeit aufrechterhalten. Der Grund: Es entwickelt sich kein gesunder Schlafrhythmus, bei dem man zur gewünschten Zeit müde genug ist, um gut zu schlafen.
    Ebenso können sich Sorgen machen und Grübeln dazu führen, dass eine Schlafstörung entsteht und erhalten bleibt.

Welche Folgen kann eine langfristige Schlafstörung haben?

Die unmittelbaren Folgen von Schlafmangel haben sicher die meisten schon erlebt: Man ist tagsüber müde, hat ein erhöhtes Schlafbedürfnis, kann sich schlecht konzentrieren und zieht sich eher zurück. Auch Symptome wie Überaktivität, Unruhe, Gereiztheit oder Gefühlsschwankungen können auftreten.

Wenn das zum Dauerzustand wird, kann das soziale Leben deutlich leiden. Betroffene ziehen sich von gewohnten sozialen Kontakten zurück, lassen Unternehmungen ausfallen und haben keine Lust mehr auf Bewegung. Eventuell sind sie nicht mehr voll fahrtüchtig im Straßenverkehr, weil die Konzentration verringert ist. Dass die Arbeitsfähigkeit nachlassen kann, ist ebenfalls nachvollziehbar.

Bekannt ist auch, dass durch langandauernde Schlaflosigkeit das Risiko für psychische Erkrankungen wie depressive Episoden, Angststörungen und Substanzabhängigkeit steigt.7

Akute Ein- und Durchschlafstörungen können nachweislich Immunfunktionen verschlechtern und den Cortisol-Haushalt beeinträchtigen.4 Diese zwei Beispiele zeigen, dass sich schlechter Schlaf auch auf körperlicher Ebene auswirkt. So kann man sich leicht vorstellen, dass langandauernde, schwere Schlaflosigkeit schwerwiegende Erkrankungen nach sich ziehen kann.

Um einige Beispiele zu nennen: Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt werden langfristig wahrscheinlicher.1 Fachleute diskutieren, ob zu kurzer Schlaf über Jahre zu zunehmender Fettleibigkeit führen kann. Relativ sicher ist, dass Insomnie das Risiko für Diabetes erhöht.4

Wann soll ich mit Schlafstörungen zum Arzt oder zum Psychologen?

Auch wenn die erhöhte Müdigkeit am Tag „ganz gut weggesteckt“ wird, sollte eine Schlafstörung medizinisch abgeklärt werden. Der Grund: Es kann körperliche oder seelische Ursachen für anhaltende Schlafstörungen geben, die behandelt werden sollten.

Zudem kann sich eine Schlafstörung verselbstständigen und ernsthafte Probleme im gesundheitlichen, sozialen und beruflichen Bereich nach sich ziehen. Es ergibt also Sinn, die Ursachen der Schlafstörung herauszufinden und möglichst zu beheben.

An dieser Stelle auch ein Wort zu Schlafmitteln: Medikamente, die beim Schlafen helfen, können und sollten nur eine vorübergehende Lösung sein. Spätestens wenn eine Schlafstörung länger als vier Wochen dauert, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.8

Man sollte auch dann zum Arzt gehen, wenn in diesen vier Wochen immer wieder eine „gute Nacht“ dabei ist. Leider gewöhnt man sich an ein gewisses Energiedefizit im Alltag, Konzentrationsstörungen oder dass man als Beifahrer immer einschläft. Deshalb lieber einmal mehr mit dem Arzt sprechen, als dauerhafte Folgen für die Gesundheit riskieren.

Wie werden Schlafstörungen diagnostiziert?

Schlaf lässt sich heutzutage sowohl qualitativ wie quantitativ recht genau erfassen.

Zur Diagnose einer Schlafstörung wird der Arzt die Krankengeschichte erfragen und auf mögliche vorliegende Erkrankungen untersuchen. Eventuell werden Schlaf-Fragebogen und Schlaftagebuch zur Selbstbeobachtung empfohlen, um ein umfassendes Bild der Schlafgewohnheiten, der Schlafumgebung und der Lebenssituation zu bekommen.

Um nächtliche Atemstörungen zu messen, können entsprechende Geräte für die Untersuchung mit nach Hause gegeben werden. Nicht zuletzt kann es erforderlich sein, ein bis zwei Nächte im Schlaflabor zu verbringen, um schlafmedizinische Messungen vorzunehmen.

Wie kann man Schlafstörungen behandeln?

Die Gründe für eine Schlafstörung sind meist komplex. Daher gibt es auch bei der Behandlung keine Standardlösung.

Als erster Schritt kann bereits eine Aufklärung über den Umgang mit Schlaf helfen oder die Unterstützung eines schlafförderlichen Verhaltens, z. B. mit Verhaltenstherapie. Auch eine gesunde Schlafposition kann in manchen Fällen etwas Erleichterung bringen. Das Beheben von äußeren Ursachen kann mitunter schwierig sein: Ein Schichtarbeiter wird nicht einfach seine Arbeit aufgeben und die Autobahn in der Nähe lässt sich nicht verlegen.

Zur Symptomlinderung stehen klassisch Medikamente zur Verfügung. Spezielle Anwendungen wie eine Atmungsunterstützung können zum Beispiel bei gesundheitsgefährdendem Schnarchen oder Schlafapnoe zum Einsatz kommen. Psychotherapie kann bei seelischen Ursachen der Schlafstörung helfen. Auch alternative Behandlungsmöglichkeiten und das Üben von Entspannungsmethoden können hilfreich sein. Und nicht zuletzt werden zugrundeliegende Krankheiten behandelt, die schlechten Schlaf begünstigen.

Letztlich ist es sinnvoll, jede Schlafstörung in Zusammenarbeit mit einem Facharzt individuell zu betrachten und gegebenenfalls mit geeigneten Maßnahmen zu behandeln.

Quellen:
  1. Riemann D et al. S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“, Update 2016, https://register.awmf.org/assets/guide​lines/063-003l_S3_Insomnie-Erwachsene_2018-02-verlaengert.pdf [zuletzt besucht am 22.11.2022].
  2. Webseite von Hasse D https://www.schlaf-information.de/schlafstoerungen/schnarchen-schlafqualitaet.html [zuletzt besucht am 22.11.2022].
  3. American Academy of Sleep Medicine. International classification of sleep disorders, 3rd ed. 2014. https://dokumen.pub/international-classification-of-sleep-disorders-third-edition-icsd-3-3nbsped-0991543416-0991543408.html.
  4. Kneifel G Schlafstörungen: Häufig – und deutlich unterschätzt. Dtsch Arztebl 2016; 113(6): A-234 / B-199 / C-197. https://www.aerzteblatt.de/archiv/174912/​Schlafstoerungen-Haeufig-und-deutlich-unterschaetzt [zuletzt besucht am 11.10.2022].
  5. Schlack R et al. Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 740–748. https://edoc.rki.de/handle/176904/1502 [zuletzt besucht am 25.02.2022].
  6. ResMed Global Sleep Survey 2022: Pressemitteilung „So schläft Deutschland: Wenn Schnarchen die Nachtruhe stört und Stress die Schlafqualität beinträchtig“ vom 29.03.2022.
  7. Webseite der Stiftung Gesundheitswissen https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/​wissen/insomnie/hintergrund [zuletzt besucht am 11.10.2022].
  8. Webseite von Hasse D https://www.schlaf-information.de/schlafstoerungen-einschlafschwierigkeiten-behandlung.html [zuletzt besucht am 11.10.2022].
  9. Benjafield AV, Ayas NT, Eastwood PR, Heinzer R, Ip MSM, Morrell MJ, Nunez CM, Patel SR, Penzel T, Pépin JL, Peppard PE, Sinha S, Tufik S, Valentine K, Malhotra A. Estimation of the global prevalence and burden of obstructive sleep apnoea: a literature-based analysis. Lancet Respir Med. 2019 Aug;7(8):687-698. doi: 10.1016/S2213-2600(19)30198-5. Epub 2019 Jul 9. PMID: 31300334; PMCID: PMC7007763.

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