Wie funktioniert Deine innere Uhr?

1960 führten Forscher des Max-Planck-Instituts ein Experiment durch: Mehrere Probanden verbrachten längere Zeit in einem Bunker – ohne Tageslicht, ohne Uhr, ohne Medien. Nachdem sich die Teilnehmer gründlich ausgeschlafen hatten, wurde es spannend: Wie pendelt sich ihr Tag-Nacht-Verhalten ein? Das Ergebnis war eindeutig – alle passten sich ausnahmslos an einen rund 25-stündigen Rhythmus an, wobei sie ihn in eine Wach- und eine Schlafphase aufteilten. Bei der Nachtruhe zeigten sich jedoch deutliche Unterschiede: Einige gingen früh zu Bett und standen morgens zeitig auf, andere blieben lange wach und schliefen entsprechend länger.

Das Experiment hat bewiesen: Jeder Mensch hat seinen eigenen Schlafrhythmus. Unser zirkadianer (auch: circadianer, wörtlich: „über einen Tag“) Rhythmus beeinflusst alle biologischen Prozesse in unserem Körper, die sich schematisch wiederholen, also unseren Biorhythmus. Er richtet sich an der Sonne aus, man spricht auch von der inneren Uhr. Im Gehirn, direkt hinter dem Sehnerv, tickt ihre Schaltzentrale. Von dort steuert sie die Körperfunktionen und schickt Millionen von Signalen an die inneren Organe wie Herz, Lunge oder Darm. Zusätzlich hat jede einzelne Zelle ihren eigenen Taktgeber. Zusammen regulieren sie die Körpertemperatur, den Stoffwechsel, den Blutdruck – oder bestimmen, wann es an der Zeit ist, das Schlafhormon Melatonin zu produzieren.

Lerche, Eule oder ganz anders: Welcher Chronotyp bist Du?

Die Wissenschaft, die sich mit der inneren Uhr beschäftigt, heißt Chronobiologie. Sie unterscheidet zwischen verschiedenen Chronotypen. Ein Modell des Schlafspezialisten Dr. Michael J. Breus teilt Menschen in vier Typen ein. Mehr dazu liest Du in unserer Schlafwissen-Rubrik.

Am bekanntesten ist wohl die Unterscheidung in einen Frühtypen, der Lerche, und dem Spättypen, der Eule – je nach bevorzugtem Zeitraum für den Schlaf. Diese Einteilung stellen wir Dir hier etwas genauer vor: Lerchen sind ausgeprägte Frühaufsteher, springen morgens zwischen sechs und acht Uhr aus dem Bett und sprudeln nur so vor Energie. Eulen dagegen kommen morgens nur schwer in Schwung. Ihr natürliches Leistungshoch erreichen sie gegen 16 Uhr, leistungsfähig sind sie bis spät in die Nacht. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es zahlreiche Abstufungen, zu denen die meisten Menschen gehören.

Schlaftyp Lerche (Morgenmensch):

  • Steht gerne früh auf
  • Startet voller Elan in den Tag
  • Hat sein Leistungshoch zwischen acht und zwölf Uhr am Vormittag
  • Wird ab 22 Uhr müde

Schlaftyp Eule (Abend-/Nachtmensch):

  • Frühes Aufstehen ist für ihn eine Qual
  • Schläft gerne bis in den späten Vormittag
  • Hat sein Leistungshoch ab dem späten Nachmittag bis in die Nacht
  • Geht spät zu Bett

Was aber passiert, wenn wir unseren Biorhythmus durchbrechen, weil wir nachts arbeiten müssen, die Uhren umgestellt werden oder wir in eine andere Zeitzone reisen?1

Können wir unsere innere Uhr umstellen?

Jede Zelle des Körpers verfügt über eine eigene innere Uhr, die sich an neue Hell-Dunkel-Rhythmen anpassen kann. Wenn wir beispielsweise während einer Reise mehr als zwei Zeitzonen überschreiten, sorgt unser Gehirn dafür, dass sich jede einzelne Uhr in den Zellen an den neuen Rhythmus am neuen Ort anpasst. In dieser Zeit leiden die meisten Betroffenen unter einem Jetlag. Dieser kann manchmal ein paar Tage dauern.2

Die Bedeutung der inneren Uhr für Deinen Arbeitsalltag

Leben wir im Einklang mit unserem Biorhythmus, wirkt sich das positiv auf unseren Alltag aus: Wir sind leistungsfähiger, konzentrierter und machen weniger Fehler – auch im Beruf. Manchmal ist es möglich, den Arbeitsbeginn entsprechend dem Chronotypen nach vorne oder hinten zu schieben oder anspruchsvolle Aufgaben in die Zeit zu legen, in der wir unser Leistungshoch haben. In der Schichtarbeit ist das hingegen nicht realisierbar.

In Berufen, die im Schichtsystem arbeiten, gilt daher die Empfehlung, nicht mehr als drei Nachtschichten hintereinander zu arbeiten. Zudem ist es ratsam, die Schichten mit der Uhr zu rotieren: Also von der Frühschicht in die übernächste Spätschicht, von der Spätschicht in die übernächste Nachtschicht. So kann sich der Körper immer wieder erholen.

Dauerhafte Nachtarbeit dagegen vertragen Menschen in der Regel gut: Denn der Schlafrhythmus verlegt sich in den Tag. Diese Berufe eignen sich vor allem für die so genannten Eulen, also Menschen, die gerne nachts aktiv sind und sich erst morgens schlafen legen.3

Was sind die Folgen eines gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus?

Ein fester Rhythmus mit regelmäßiger Nachtruhe ist wichtig für unsere körperliche und psychische Gesundheit. Wer seine innere Uhr dauerhaft ignoriert, leidet oft an Schlafstörungen, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, oder einer längeren Reaktionszeit. Die Wahrscheinlichkeit steigt, Fehler zu machen oder gar einen Unfall zu verursachen. Schlimmstenfalls kann ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus auch zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen führen.2

Wer umgekehrt nicht nur ausreichend schläft, sondern auch dem inneren Rhythmus folgt, lebt nachweislich gesünder, glücklicher und tut etwas für seine Schlafhygiene.1

Schlaf gut und folge, wenn möglich, Deiner inneren Uhr!