Schlafmangel: Was passiert im Gehirn?

Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, schlechte Stimmung: Wer eine Nacht zu wenig geschlafen hat, spürt unmittelbar die Auswirkungen. Wir kennen es Alle! Aber es kommt auch vor, dass Menschen bewusst auf Schlaf verzichten, um zum Beispiel mehr Zeit für ihre Freizeit zu haben oder wegen Schlafproblemen einfach nicht die Menge an Schlaf bekommen, die sie benötigen. Dabei ist Vorsicht geboten, denn Schlafmangel verursacht kurzfristige wie langfristige Schäden am Gehirn, wie neue Studien belegen.

Der Mensch braucht Schlaf zum Leben, sonst kann das gravierende Folgen haben. Warum der Mensch schläft, ist bisher noch nicht erforscht. Zum einen sind die Vorgänge im Gehirn während des Schlafs schwer zu messen, zum anderen ist Schlafentzug bei Menschen für Forschungszwecke ethisch schwer vertretbar. Was wir aber sicher wissen: Der Körper benötigt ausreichend Schlaf, um die optimale Leistung des Gehirns abzurufen.1,2

Kurzfristig leiden Deine kognitiven Fähigkeiten und Emotionen

Die kurzfristigen Folgen von Schlafmangel spürst Du unmittelbar: Du bist müde. Schlafmangel schränkt außerdem wichtige Funktionen Deines Gehirns wie Gedächtnis, Konzentration und Deine Reaktion ein – Deine kognitiven Fähigkeiten sind beeinträchtigt.

Aber auch Dein emotionales Befinden ist in Mitleidenschaft gezogen, wenn Du zu wenig schläfst: Schon eine kurze Nacht genügt, damit Du gereizt und übellaunig bist. Dafür ist die Amygdala verantwortlich, eine Gehirnregion, die Deine Emotionen kontrolliert.1,2 Menschen, die dauerhaft zu wenig schlafen, können sogar eine Depression und eine Angststörung, eine so genannte Psychose, entwickeln.

Während Du schläfst, schafft Dein Gehirn neuen Speicherplatz

Ein ausreichendes Schlafpensum ist auch unerlässlich, um wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen und Gelerntes im Langzeitgedächtnis zu speichern. Das belegt eine Studie des australischen Royal Melbourne Institut von 2018: Alle Informationen, die Du am Tag aufnimmst, gelangen zunächst in Dein Zwischenhirn, den so genannten Hippocampus. Erst im Tiefschlaf werden die Informationen verarbeitet und in den Langzeitspeicher übertragen. Damit Dein Gehirn nur wichtige Informationen speichern muss, filtert es zuerst die Eindrücke des Tages. Wissen, das Du tagsüber aufnimmst, stärkt vorhandene Synapsen oder produziert neue. Während Du schläfst, schwächt Dein Gehirn die Synapsen, ohnehin kränkelnde werden ganz abgebaut. Woran Du selten denkst, vergisst Du darum meist mit der Zeit. Du behältst nur, was Du auch nutzt. So räumt Dein Gehirn in der Nacht auf und schafft neuen Speicherplatz.3

Dauerhafter Schlafmangel wirkt sich auf Deine Gehirnzellen aus

Auf lange Sicht kann Schlafentzug in Deinem Gehirn allerdings irreversible Schäden anrichten. Ein Forschungsteam hat bereits in einer früheren Studie festgestellt, dass durch Schlafmangel Gehirnzellen in einem Hirnareal zugrunde gehen, das für Aufmerksamkeit und geistige Leistung verantwortlich ist. Nun haben die Forschenden jüngst weitere Hinweise entdeckt, die darauf hindeuten, dass wenig Schlaf einen rascheren Rückgang des Gehirnvolumens bedingt. Und tatsächlich: Bei den Teilnehmern, die unter Schlafstörungen litten, baute sich das Gehirnvolumen in bestimmten Hirnregionen wesentlich schneller ab als in der Vergleichsgruppe. Dieser Effekt war bei Teilnehmern über 60 Jahren besonders ausgeprägt.4

Neuronen reparieren Dein Erbgut

Wer genug schläft, verbessert nicht nur seine kognitive Leistungsfähigkeit. Forschende der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv haben 2018 durch Untersuchungen herausgefunden, dass Schlaf den Körper auch dabei unterstützt, beschädigte DNA zu reparieren. Das Team färbte dafür die Chromosomen von transparenten Zebrafischen ein. Sie stellten fest, dass die Chromosomen tagsüber kaum aktiv waren, sich jedoch nachts bewegten und dadurch einen Reparaturprozess in Gang setzten. Wer viel schläft, gibt seinem Gehirn die Zeit, die es braucht, um das Erbgut wieder in Ordnung zu bringen. So wirkt die Nachtruhe dem Abbau von Nervenzellen im Gehirn entgegen. Dieser äußert sich in Erkrankungen wie Parkinson.5

Während Du schläfst, wird Dein Gehirn gereinigt

Einer weiteren Funktion von Schlaf sind die Forscher des Max-Planck-Instituts in Köln auf den Grund gegangen. In einem Tierversuch an Mäusen konnten sie zeigen, dass während der Nachtruhe ein Reinigungsprozess stattfindet: Nachts weiten sich die Abstände zwischen den Synapsen, so dass Stoffwechselabfälle, so genannte Proteine, über die Blut-Hirn-Schranke abtransportiert werden. Schlafen wir zu wenig, verkürzt sich dieser Prozess und mehr Schadstoffe bleiben im Gehirn. Die Proteine können sich an den Nervenzellen ablagern, was als Hauptursache für Alzheimer gilt.

Du möchtest wissen was sonst noch passiert, während wir schlafen? Dann höre Dir unsere Podcast-Folge zum Thema „Träume, Regeneration & mehr: Was passiert während wir schlafen?“ an. Unsere Podcast-Moderator:innen erklären Dir in dieser Folge, dass einige Funktionen in unserem Körper auf Hochtour laufen, während wir gemütlich im Bett liegen.

Teaserbild für die Dein Schlaf. Dein Tag. Podcast Folge zum Thema Träumen

Sie können lebhaft sein, emotional oder auch beängstigend: Unsere Träume. Aber warum träumen wir überhaupt? Können wir aus unseren Träumen lernen? Und lassen sie sich lenken?

In diesem Sinne: Schlaf Dich schlau!

Quellen:
  1. Fitforfun.de, https://www.fitforfun.de/news/das-passiert-im-gehirn-wenn-du-zu-wenig-schlaefst-484959.html; abgerufen am 27.04.2023
  2. Ballesio, A. (2018): The effects of one night of partial sleep deprivation on executive functions in individuals reporting chronic insomnia and good sleepers, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29567512/; abgerufen am 27.04.2023
  3. Orthomol.com, https://www.orthomol.com/de-de/lebenswelten/schlaf/schlafmangel; abgerufen am 27.04.2023
    Zada, D., Bronshtein, I., Lerer-Goldshtein, T. et al. (2019): Sleep increases chromosome dynamics to enable reduction of accumulating DNA damage in single neurons., https://doi.org/10.1038/s41467-019-08806-w; abgerufen am 27.04.2023
  4. Medmix.at, https://medmix.at/schaeden-durch-schlafmangel-am-gehirn/; abgerufen am 27.4.2023
    Sexton CE, Storsve AB, Walhovd KB, Johansen-Berg H, Fjell AM. (2014): Poor sleep quality is associated with increased cortical atrophy in community-dwelling adults. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4162301/; abgerufen am 27.04.2023
  5. Focus.de, https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/gehirn/zu-wenig-schlaf-warum-ihr-gehirn-beginnt-sich-selbst-aufzufressen_id_10427088.html; abgerufen am 27.04.2023