Wenn die Nacht mal wieder zu kurz war: Kann man Schlaf nachholen?

Der Abend war länger, als geplant und trotzdem klingelt am nächsten Morgen zeitig der Wecker. Ob Du Schlafmangel ausgleichen kannst, wie lange es dauert, um Dich von einer kurzen Nacht zu erholen und ob Dir ein Nickerchen dabei hilft, auf diese Fragen haben verschiedene Studien Antworten gefunden.

Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf. Und das aus gutem Grund: Er hilft unserem Geist und unserem Körper, sich zu erholen. Die richtige Dauer hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab wie Genetik, Geschlecht, Alter oder Umweltfaktoren und variiert stark.1 Während sehr wenige Menschen schon mit vier bis fünf Stunden Schlaf fit und leistungsfähig sind, brauchen andere acht bis neun Stunden, um gut durch den Tag zu kommen. Generell sei gesagt: Die meisten Erwachsenen benötigen eine Nachtruhe zwischen sechs und acht Stunden, um ausgeruht und belastbar für den Alltag zu sein.2

Welches sind die körperlichen Folgen von zu wenig Schlaf?

Dass wir eine Nacht zu wenig schlafen, kommt gelegentlich vor und ist nicht weiter schlimm. Am nächsten Tag kann sich der Schlafmangel bemerkbar machen, indem Du Dich müde, abgeschlagen, antriebslos oder unkonzentriert fühlst. Zudem haben wir dann eine langsamere Reaktion. Wer aber dauerhaft zu wenig Schlaf bekommt, kann seinem Körper ernsthaft schaden. Das zeigt eine Studie des Stockholmer Karolinska Instituts (2018). Für die Untersuchung werteten Forschende die Schlafgewohnheiten von 44.000 Männer und Frauen in Schweden über einen Zeitraum von 13 Jahren aus. Der Referenzwert für die optimale Schlafdauer betrug sieben Stunden. Menschen unter 65 Jahre, die jede Nacht fünf Stunden oder weniger schliefen, hatten im Studienzeitraum im Vergleich zur Referenzgruppe ein erhöhtes Sterberisiko. Wurde die fehlende Nachtruhe an freien Tagen nachgeholt, ging der Schlafmangel aber nicht mit einem erhöhten Sterberisiko einher.3

Kurzzeitiger Schlafmangel kann ausgeglichen werden

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler folgerten daraus: Menschen, die unter der Woche wenig schlafen, können den Schlaf am Wochenende nachholen. Das bestätigt auch der Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Charité Berlin, Professor Dr. Ingo Fietze, der nicht an der Studie beteiligt war: Seiner Ansicht nach müsse man nicht jeden Tag auf die gesunden 7 bis 7,5 Stunden kommen, was oft für Arbeitnehmer unrealistisch wäre in den heutigen Zeiten, wenn man am Wochenende nachschlafe.3

In Experimenten, in denen Teilnehmende über mehrere Tage einem Schlafentzug ausgesetzt waren, brauchten die Personen im Anschluss drei Nächte mit mehr Schlaf, bis sie wieder fit und ausgeruht waren.2

Langfristiges Schlafdefizit wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus

Wissenschaftliche Studien belegen jedoch, dass sich chronischer Schlafmangel über einen längeren Zeitraum nicht mehr aufholen lässt. Darüber hinaus erhöht er das Risiko für bestimmte Krankheiten, zum Beispiel:

  • Erkältungen und Infekte, da Schlafmangel das Immunsystem schwächt
  • Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall
  • Bluthochdruck
  • Übergewicht, Diabetes
  • Kopfschmerzen und Migräne
  • Depressionen und andere psychische Erkrankungen2

Vorschlafen funktioniert nur kurzfristig

Beim Thema Vorschlafen verhält es sich leider ähnlich, wie beim Schlaf nachholen: Es funktioniert nur über einen kurzen Zeitraum! Wer weiß, dass der nächste Abend lange wird, kann am Tag davor ausschlafen, um am folgenden Tag später müde zu sein. Versucht man hingegen über einen längeren Zeitraum vorzuschlafen, verschiebt sich schlichtweg der Schlafrhythmus. Man ginge immer später zu Bett und stünde immer später auf. Auf Reserve zu schlafen, ist demnach nicht möglich.5

Unser Tipp: Versuche stattdessen, in der Nacht vor dem Ereignis erholsam zu schlafen. Starte entspannt und ruhig in den Tag und mache ein kurzes Schläfchen. Hole lieber am nächsten Tag den fehlenden Schlaf nach, indem Du früher zu Bett gehst. Kurzfristig holt sich Dein Körper den mangelnden Schlaf über die Qualität der Nachtruhe zurück. Das bedeutet, der Körper gleicht das Defizit über längere Tiefschlafphasen wieder aus. Allzu oft solltest Du aber weder vorschlafen, noch Schlaf nachholen.2, 5

Mit Mittagsschläfchen Schlafmangel kompensieren?

Wer denkt, mit einem ausgedehnten Nickerchen nach dem Essen seinen Schlafmangel ausgleichen zu können, täuscht sich leider: Ein langer Powernap kann dazu führen, dass Du am Abend nicht müde bist und Schlafstörungen begünstigen. Um fehlenden Schlaf tagsüber nachzuholen, eignet sich ein Mittagsschlaf somit nicht. Dennoch wirkt er sich positiv auf das Befinden und das Leistungsvermögen aus, wie eine Zusammenfassung mehrerer Studien zeigt: Ein kurzes Schläfchen von circa zehn bis maximal 20 Minuten kann helfen, Kraft zu tanken und wieder leistungsfähig zu sein.1, 2, 4

Auch zu viel Schlaf kann ungesund sein

Was die Forschenden übrigens auch herausfanden: Wer ständig zu lange schläft, lebt deswegen auch nicht gesünder. Eine erhöhte Sterberate machten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei den Teilnehmenden unter 65 Jahren aus, die täglich mehr als neun Stunden schliefen. In der Vergleichsgruppe stellte das Forscherteam kaum Veränderungen hinsichtlich des Sterberisikos fest, ganz egal, wie lange diese Teilnehmer unter der Woche und an Wochenenden geschlafen hatten.3

Thumbnail Dein Schlaf. Dein Tag. Podcast

Laut Robert Koch-Institut klagen 25% der deutschen Bevölkerung über Schlafstörungen. Wir alle haben sicherlich hin und wieder einmal schlecht geschlafen. Wird dies jedoch zur Regelmäßigkeit, kann es Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unseren Körper haben. Wie genau? 

Schlaf gut – nicht zu kurz, aber auch nicht zu lange